Roger Ackerer: Die Hospizarbeit wird mir in meinen Leben noch lange ein treuer Begleiter sein!
11. Oktober ist Welthospiztag
Ich konnte schon mit 62 Jahre mein Berufsleben als Informatiker beenden. Noch keine sechs Wochen waren vergangen, da ging ich zu einem Informationsabend über die Hospizbewegung. Nachdem ich Interesse bekundet hatte (meine Schwester war vor über zwanzig Jahre in einem Hospiz gestorben), wurde mir mitgeteilt, dass noch ein Platz frei sei für die nächste Ausbildung. Somit begann eine ganz besondere Zeit in meinem Leben. Was die Ehrenamtlichen verbindet, ist der gleiche Wunsch: Den Personen, die den Tod vor Augen haben, zu helfen, die noch zu lebende Zeit lebenswert zu machen. Ich habe mich für das Stationäre Hospiz entschieden, denn so kann ich meine Einsatzzeiten genau planen und bin nicht allein mit dem Gast. Der zu begleitende Mensch ist kein Patient mehr, sondern ein Gast. Beim ersten Kontakt mit dem Gast stelle ich mich vor als ehrenamtlicher Mitarbeiter. Bei jedem weiteren Besuch vertieft sich die Verbundenheit. Nicht selten freut sich der Gast, jemanden zu haben, mit dem Themen angesprochen werden können, die mit den Familienangehörigen schwierig oder gar nicht zu besprechen sind. Ein wichtiges Anliegen des Gastes ist es, im Hospiz ankommen. Oft habe ich gehört: „Ich kann jetzt die Hilfe akzeptieren, das war nicht einfach, denn bisher habe ich immer den anderen geholfen“. Auch die Angehörigen schätzen die Pflege und Begleitung durch das gesamte Pflegeteam im Hospiz.
Eine einprägsame Begegnung möchte ich hier erzählen: Ein Gast, der bei der Aufnahme sich noch unterhalten konnte, hat sich durch den Fortschritt seiner Krankheit (Gehirntumor) auf den Weg gemacht. Als ich sein Zimmer betrat, lag er im Bett und hat schwer geröchelt. Ich habe mich zu ihm gesetzt und mit ihm gesprochen, während ich meine Hand unter seine geschoben habe. Seine Reaktion war ein langes Einstellen der Atmung. Danach hat er seinen Mund geschlossen und nur noch durch die Nase ganz ruhig geatmet. Ich habe weiter mit ihm gesprochen und mich für das Kennenlernen bedankt. Nach gerade einer Viertelstunde hat er dann einfach aufgehört zu atmen. Dieser Abschied eines Gastes betrachte ich als ein großes Geschenk.
Erlebnisse wie diese erzähle ich auch in der Schule erzählt, wo ich jährlich eingeladen bin, um den SchülerInnen der 9. Klasse über die Begleitung von todkranken Menschen zu berichten. Diese haben viele Fragen, eine ist ganz wichtig: „Wie kann man diese Begleitungen aushalten?“. Meine Antwort darauf: Wenn ich ins Hospiz gehe, öffne ich die Tür und wenn ich wieder gehe, schließe ich die Tür hinter mir. Das gelingt nicht immer, aber meistens. Doch das Wichtigste lautet: Wenn ich da bin, dann bin ich ganz da“. Die Hospizarbeit wird mir in meinen Leben noch lange ein treuer Begleiter sein!
Roger Ackerer