Margarete Schneider - 25 Jahre Hospizarbeit

 

Im Wintergarten von Margarete Schneider in Schornbach sitzt man gemütlich bei Kaffee mit Kuchen, freut sich an den Blumen im Garten und plaudert ein bisschen mit dieser Frau, die sich ehrenamtlich um Sterbende kümmert – und das mit 85 Jahren und seit 25 Jahren.

 

Margarete Schneider ist Einsatzleiterin der Schorndorfer Hospizgruppe, eine der sechs ambulanten Hospizgruppen innerhalb der Hospizstiftung Rems-Murr-Kreis. Angefangen hat sie dieses Ehrenamt, als sie mit 60 Jahren in den Ruhestand ging. „Das kann es ja nicht sein, dass ich nur noch im Garten und im Haus arbeite." Dabei hatte die rüstige Rentnerin  durchaus schon eine beachtliche Lebensstrecke hinter sich.

 

Geboren 1935 und aufgewachsen in Schornbach. Der Vater im Krieg vermisst, ihre Mutter stirbt an Krebs als Margarete 12 Jahre alt ist.

 

Die junge Frau entscheidet sich für eine kaufmännische Ausbildung, anschließend geht sie an die Fachschule für Sozialarbeit, wird Erzieherin. Die Liebe aber führt sie statt in ein Heim oder einen Kindergarten in ein Café mit Konditorei nach Stuttgart-Feuerbach. Margarete Schneider heiratet den Mann, der schon als Bub nach den Bombenangriffen auf Stuttgart, in ihrem elterlichen Haus einquartiert war. Von 1961 bis 1993 betreiben die beiden das Café. Die damals 26 jährige hat im Betrieb „alles gemacht" und war der Mittelpunkt einer „Großfamilie". Zu den eigenen drei Kindern saßen die Angestellten mit am Tisch. Ihre soziale Ader konnte sie auch hier ausleben. „Sie glauben nicht, was ein Café für eine Institution ist.“ Oft habe sie an der Theke Zettel hängen gehabt, auf denen kleine Informationen über ihre Stammgäste hingen: Wer hat Geburtstag, von welcher Frau ist der Mann gerade gestorben, wer hat Enkelkinder bekommen?

 

 Im Ruhestand macht sie die Ausbildung zur Hospizbegleiterin. Ein schwerer Dienst, aber einer, bei dem „man auch ganz viel für sich bekommt". Man lebe bewusster. Margarete Schneider hat es  sich mit ihren  Kolleginnen und Kollegen zur Aufgabe gemacht, den Sterbenden ein Stück Leben zu geben. Hier herrsche kein hilfloses Schweigen angesichts dieses für viele schweren Themas. Das Sterben gehöre zum Leben, „wir haben das nur manchmal vergessen", sagt sie und fügt hinzu: „Wenn ich aufhören würde, würde mir etwas fehlen.“

 

Die erste Schorndorfer Hospizgruppe vor 25 Jahren bestand aus acht bis zehn Personen. Margarete Schneider übernahm die Einsatzleitung der Gruppe, deren Zusammenhalt ihr bis zum heutigen Tag immer ein großes Anliegen ist.

 

Lebensqualität auch im Sterben - das sind oft kleine Dinge: Manchmal reicht es, wenn da nur jemand am Bett sitzt, die Hand hält, etwas vorliest, betet, singt oder einfach zuhört. „Wir sind nur da", beschreibt die 85-Jährige die Arbeit der Hospizmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Da sein, wenn keine Angehörige mehr da sind, da sein, wenn die Angehörigen mit der schweren Aufgabe nicht mehr alleine zurechtkommen. Und doch zu spüren, wie  die eigene Anwesenheit dem oder der Schwerkranken gut tut. Ja, den letzten Schritt müsse jeder alleine gehen aber er werde nicht alleine gelassen.  Stark gemacht hat sich die Hospizbewegung in den letzten Jahren vor allem für eine angemessene Schmerztherapie. Niemand soll Schmerzen ertragen müssen, die man lindern kann.

 

Ihre Gefühle beschreibt die Seniorin so: „Man muss sich einlassen können auf den einzelnen Menschen, mit ganzem Herzen dabei sein. Spüren, was gebraucht wird und sich sehr oft auch um die Angehörigen kümmern. Ihnen die Angst nehmen vor dem Sterben und Ruhe in oft hektische Situationen bringen.“  Man dürfe einen toten Menschen ruhig anfassen. Der Tote müsse nicht sofort aus dem Haus geschafft werden. 36 Stunden kann der Verstorbene noch daheimbleiben. Eine Zeit, die man nutzen könne, um Abschied zu nehmen, zur Ruhe zu kommen, dem Sterben dabei seine Würde zu geben.

 

Auch für sie sei es jedes Mal ein Abschied. „Hospizarbeit ist keine Arbeit, die man ohne Pause erledigen kann.“ Margarete Schneider nimmt sich die Zeit. Dann geht sie in ihren Garten, liest, verbringt Zeit mit ihrem Mann, der ihre Arbeit sehr unterstützt, ebenso wie die ganze Familie.

 

Wie sie selbst mal sterben will? „Eine schwierige Frage", sagt sie zunächst. Und hat dann doch schnell eine Antwort: „Bewusst und nicht alleine.“ Obwohl, fügt sie hinzu: „Man kann sich das ja nicht immer aussuchen. „Jeder stirbt das erste Mal."

 

Infokasten:

 

Die Hospizstiftung Rems-Murr-Kreis  bietet landkreisweit ambulante Hospizbegleitung für Erwachsene im häuslichen Bereich, in Pflegeheimen und Krankenhäusern an – unabhängig von der Art der Erkrankung, vom Alter der Betroffenen, von ihrer Religion oder Konfession. Die ambulante Hospizbegleitung ist für die Betroffenen und deren Angehörige kostenfrei und wird durch ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter durchgeführt. Diese werden in einem Qualifizierungskurs auf ihren Dienst vorbereitet und treffen sich regelmäßig einmal im Monat. Der Erfahrungsaustausch ist für die Ehrenamtlichen sehr wichtig und hilfreich. An den Supervisionen in den Hospizgruppen und an Weiterbildungsangeboten nehmen die Ehrenamtlichen regelmäßig teil.

 

Darüber hinaus gibt es das Angebot zur Beratung zur Patientenverfügung und vorsorgenden Papieren. Der Kinderhospizdienst Pusteblume kümmert sich um die Familien schwerkranker oder trauernder Kinder und Jugendlichen. Das stationäre Hospiz in Backnang versorgt 12 Gäste rund um die Uhr. Außerdem arbeiten wir in Kooperation mit der SAPV-Rems-Murr.

 

Infos zur Hospizarbeit im Rems-Murr-Kreis und zu den Angeboten der Hospizstiftung Rems-Murr-Kreis bekommen Sie unter Tel. 07191 92797-0 oder im Internet unter www. hospiz-remsmurr.de

 

Margarete Schneider - 25 Jahre Hospizarbeit
Foto: M. Schneider
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